Beschreibung
Der Roman »Killing Time in a Warm Place« erzählt von einer Kindheit und Jugend in der Marcos-Zeit, von Menschen und Familien, die auf dem Land oder in Städten wohnen, immer auf dem Sprung nach einer besseren Arbeit, einem besseren Leben für sich und ihre Kinder. Die meisten arrangieren sich mit der Diktatur, mit der allgegenwärtigen Polizeigewalt und der Korruption; sie folgen dem Marcos-Regime auch noch dann, als das Kriegsrecht ausgerufen wird.
Es gibt aber auch politischen Widerstand, ausgehend von Studentinnen und Studenten, die sich teils der maoistischen Bewegung anschließen, teils eigene riskante Wege gehen, um die Diktatur zu bekämpfen. Dalisay beschreibt diese Situation aus den Augen junger Menschen, die auf der Suche nach Idealen sind, ihre Karriere opfern, von Militär und Geheimpolizei beobachtet, verhaftet und auch gefoltert werden, dann lange Jahre in Lagern verbringen müssen, bis das Regime unter Massenprotesten endlich zusammenbricht.
Der Roman entfaltet ein gewaltiges und buntes Panorama über das Leben auf den Philippinen, über das Abstumpfen in einer Diktatur, über politisches Wachwerden und auch über Irrungen und Wirrungen des studentischen Widerstands. Und das alles in einer lebendigen, facettenreichen Sprache, gewürzt mit viel Ironie und Witz.
Leseprobe:
Ich wollte Jimmy verhauen, wäre die Situation nicht so gespenstisch gewesen. Die Leute waren auf den Straßen, fast alles Erwachsene in Gruppen von vier oder fünf, die jubelten und pfiffen, während Jeeps wie Käfer, vollgestopft mit Menschen, Waffen und Lautsprechern, an den Leuten vorbeirumpelten. Alle zogen in dieselbe Richtung. Manche Fenster waren geöffnet, und der orangene Schein der Gaslampen schwappte auf den Gehsteig. Selbst in der Dunkelheit waren die Hauswände voll mit Bildern: Poster eines einzigen, freudestrahlenden Kandidaten, die Augen gen Himmel gerichtet, waren von seinen Unterstützern auf andere Plakate geklebt worden, auf denen nur noch Ohren, ein Kinn oder Haarbüschel zu sehen waren, und darüber das Grinsegesicht. MARCOS MARCOS MARCOS. In anderen Vierteln der Stadt waren die Marcos-Poster runtergerissen worden, und weiße Narben durchzogen sein Gesicht, wo der Klebstoff nicht hatte nachgeben wollen. Wir hatten viele Fotos dieses Mannes in unserem Haus, mehr als von uns selber – auf brieftaschengroßen Kalenderblättern, die mit einem sieben Zentimeter großen Herrscher als Bonus aufwarteten; auf weichen, weißen T-Shirts, die bedruckt waren, auf kleinen Buttons, die von großen, stabilen Nadeln gehalten wurden, auf Lesezeichen, Notizheften und einem blauen Regenschirm, ein besonderes Stück für die Allerfrommsten, das meine Mutter beim kleinsten Anzeichen von Regen zur Schau stellte. MARCOS MARCOS MARCOS MARCOS MARCOS!
Pressestimmen
Frankfurter Allgemeine Zeitung Hans Christoph Buch
»Was den Roman so lesenswert macht, ist seine Sprache. Jose Dalisay, der 1954 geborene Autor, zieht alle Register seiner Erzählkunst, einschließlich Humor und Ironie, um Glanz und Elend des Inselarchipels sinnlich erfahrbar und, dank Niko Fröbas Übersetzung, für Außenstehende nachvollziehbar zu machen.«
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2.10.2024
Perlentaucher Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur
»Rezensent Marko Martin zeigt sich sehr angetan vom Roman des philippinischen Autors Jose Dalisay. Er spielt zu den Zeiten der Marcos-Diktatur und zeigt laut dem Rezensenten verschiedene junge Menschen, die sich entweder deren Zwängen anpassen, unter der gewalttätigen Repression leiden oder auswandern müssen. Beispielhaft sei vor allem die Hauptfigur Noel, der sich als Schriftsteller versuchen möchte, in der Folge des „philippinischen 68“ ins Gefängnis gerät und schließlich in einem ministeriumsnahen PR-Job landet. In der sehr gelungenen deutschen Übersetzung von Niko Fröba kann Martin diesen kritischen, klugen Roman sehr empfehlen.«
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4.9.2024
Deutschlandfunk Kultur Marko Martin
»Schon ›Last Call Manila‹ zeigte sogleich die literarische Meisterschaft eines Autors, der nicht zufällig als der profilierteste der Philippinen gilt. Auch ›Killing Time in a Warm Place‹, soeben erschienen und wiederum in der fluiden deutschen Übersetzung von Niko Fröba, ist von solch erzählerischer Kraft und muss den Vergleich mit den besten Romanen etwa eines Graham Greene gewiss nicht scheuen. Jose Dalisay genügen weniger als zweihundert Druckseiten, um die Schlängelwege seiner Protagonisten nachzuzeichnen – in suggestiven und präzisen Sätzen und Szenen, die epischer Breitpinselei nicht bedürfen, ist man sofort mittendrin, erspürt die Atmosphäre. Die Beschreibung der zynischen und ethisch haltlosen Binnenwelt aus regime-verbandelten Unternehmern, Möchte-gern-Intellektuellen und Militärs zählt dabei zu den Höhepunkten dieser ebenso rasant wie psychologisch plausibel erzählten Geschichte: Derlei war zuletzt in den großen Diktatoren-Romanen lateinamerikanischer Provenienz zu lesen gewesen.«
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3.9.2024