Beschreibung
»Wer nach der Echtheit sucht, sollte nur dem Fälscher vertrauen«.
Alte chinesische Weisheit
Leo Zwirn, sowjetischer Kulturexperte und Lebenskünstler, wird Anfang der 60er Jahre nach China strafversetzt. Nach dem Bruch der chinesisch-sowjetischen »Freundschaft« müssen alle Experten zurück in die UdSSR – außer Zwirn, der an ein von aller Welt vergessenes Museum in Xi’an, der alten Kaiserstadt, »delegiert« wird. Es ist die Zeit der Kulturrevolution, das Museum soll als »rückwärtsgewandte Institution« geschlossen werden. Um dies zu verhindern, finden sich im Museum Mitstreiter, die mit gewiefter Taktik und Phantasie diesen Beschluss zu unterlaufen versuchen. Mit der Wahrheit muss unkompliziert umgegangen werden. Ein sensationeller Fund, nämlich abstrakte Zeichnungen des frühen Mao Zedong, tauchen auf, die im Museum wirkungsvoll präsentiert werden. Aber sind sie tatsächlich echt? Und wie lässt sich der misstrauische, skrupellose und machthungrige Politkommissar, der »Stählerne Wu«, in ein weiteres Projekt einbinden, durch das ein kunsthistorisches Weltwunder herbeigezaubert werden könnte: Das Entstehen der unsterblichen Armee von Terrakottakriegern, die von der Überlegenheit des chinesischen Volkes kündet und ganz nebenbei dem Tourismus, der »Industrie ohne Rauch«, einen global bewunderten Aufschwung verschafft.
Ein aufregender, komischer, mit viel Wissen erzählter Roman über China, die Kulturrevolution – und eine Ode an die subversive Kreativität.
Leseprobe:
Frau Wu setzt Schalen mit den Sonnenblumenkernen und die Wodkaflasche vor die Männer: »Unser Museum hat einen bedeutenden Fund gemacht. Einen Fund, der zeigt, wie die chinesische Kultur seit Jahrtausenden allen anderen Kulturen dieser Welt überlegen ist.«
»Ich verstehe, aber was ist ein Fund?«
»Ein Fund ist ein wissenschaftlicher Beweis. Historischer Materialismus, davon habt ihr in den Schulungen gehört. Ich rede von einem Ding aus der Vergangenheit, wir nennen das ein ›Objekt‹, das beweist, wie weit überlegen das Niveau unserer Kultur seit jeher und schon vor Tausenden von Jahren gewesen ist. Unser Museum hat ein solches Objekt gefunden, einen Körper und einen Kopf aus Lehm, um es genau zu sagen und dieses Objekt muss ganz dringend der Welt gezeigt werden. Es ist ein Geschenk für alle Völker dieser Welt.«
»Aber was haben wir hier in unserem Dorf damit zu tun?«
Die Archivarin faltet die Hände vor dem Gesicht: »Ich bitte euch einfach nur um eure Solidarität«, sagt sie schlicht. »Wir, die Betreiber des Museums, gehören zur Klasse der Intellektuellen. Das ist bekanntlich die neunte, die ›stinkende‹ Klasse in unserer Gesellschaft. Uns stünde es nicht zu, einen Triumph zu melden, der einzig und allein der glorreichen Klasse der Arbeiter und Bauern zusteht. Es müssen Vertreter der Arbeiter- und der Bauernklasse, in diesem Fall eher der Bauernklasse sein, die dieses Objekt bei ihrer Arbeit auf dem Felde zwar durch Zufall finden, gleichzeitig jedoch sofort die Bedeutung erahnen und den Fund an das Museum in Xi’an melden.«
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Pressestimmen
Otto-Brenner-Stiftung 2022
Mit dem „Spezial“-Preis der Otto-Brenner-Stiftung (Preis der Jury) wird der Publizist, Journalist, Schriftsteller und Wissenschaftler Tilman Spengler für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Der promovierte Sinologe Tilman Spengler hat schon früh für Rundfunk, Fernsehen und Printmedien aus und über China berichtet. Bei der Gründung der Wochenzeitschrift ‚Die Woche’ wurde er deren Feuilletonchef. Dreißig Jahre lang war er Mitherausgeber der Zeitschrift ‚Kursbuch’, in der er ökonomische, ästhetische, ökologische und andere Mängel der Zeit zur Debatte stellte. Sein öffentliches Eintreten für den chinesischen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo machte ihn zur persona non grata in der Volksrepublik. Heute ist er politischer und kulturkritischer Kommentator für diverse Medien. Außerdem hat er nach Auffassung der Jury auch „wunderbare Erzählungen und Romane“ wie ‚Lenins Hirn’ geschrieben, ein in 22 Sprachen übersetztes Werk über Diktatur und Genialität, das in seinem aktuellen Roman ‚Made in China’ eine ebenbürtige Entsprechung gefunden hat. Auch Spenglers Folge über Karl Kraus und ‚Die Fackel‘ aus seiner 101-teiligen Fernseh-Reihe ‚Klassiker der Weltliteratur’ hält die Jury für „genialisch gut“. Mit ihrem Preis zeichnet die Jury Spenglers „Sprachkraft, sein politisches Gespür, seine Urteilskraft – und auch seine Rhetorik aus“.
Süddeutsche Zeitung Heribert Prantl
Dieser politische Roman von Tilman Spengler ist großartig. Er ist sehr amüsierlich, sehr ironisch und nebenbei auch sehr lehrreich. (…) Der Roman sprüht von phantastischen, von aberwitzigen Einfällen. Spengler entwickelt eine ganz neue Art von Suspense, er erindet das Genre des sinologischen Thrillers.
18.9.2022
Spiegel online, Lage am Abend Elke Schmitter
Und am Abend?
… Der junge Akademiker aus Russland soll die chinesischen Genossen beim Aufbau eines Museums unterstützen; er findet sich in einer Situation wieder, die er auch aus dem benachbarten sogenannten kommunistischen Weltreich kennt: Die Bürokratie macht nicht nur mürbe (wie ja gelegentlich auch in der kapitalistischen Sphäre), sondern auch Angst. Doch auch bei diesem Gefühl trösten sprachliche Eleganz und Ironie, und eben darauf kann man sich bei diesem Autor verlassen.
25.5.2021
Mehr lesen zu T.S. Made in China, ganz ganz unten
Münchner Merkur ulf
Spengler fächert die komplexe Geschichte neu auf, was spannend und überraschend amüsant zu lesen ist.
Süddeutsche Zeitung Antje Weber im Gespräch mit Tilman Spengler
Worin Sie auf alle Fälle gut sind: im Erzählen. Sie lieben die Abschweifung, Ihnen geht es immer um das Umkreisen von Sachverhalten, von Möglichkeiten?
Ja, das kann man so ein bisschen philosophisch verbrämen, aber ich habe schon als Kind gerne Sachen aus ganz verschiedenen Perspektiven betrachtet, mal auf dem Baum sitzend, mal auf dem Dach sitzend, und mal aus dem Kellerloch. Und so wächst so etwas, glaube ich.
In einem Interview haben Sie gesagt, Ihr Antrieb für diesen Roman sei auch eine Liebeserklärung an Ihre Freunde in China gewesen.
Die Menschen, die ich dort kenne und die mir die meiste Freude bereiten, besitzen diesen lakonischen Witz und den unendlichen Einfallsreichtum, Regelungen zu umgehen und in ein homerisches Lachen darüber auszubrechen.
20. April 2021
Mehr lesen (Bezahlartikel)
Süddeutsche Zeitung Antje Weber
Antje Weber empfiehlt in der Süddeutschen Zeitung, 15.4., den Roman von Tilman Spengler »Made in China« als Buch Tipp: »… eine aberwitzige Geschichte … eine böse Satire.«
15.4.2021
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FAZ.net Mark Siemons
Was zeigt uns China da? Dass ihm Hohlköpfe sympathisch sind. Tilman Spengler spinnt eine geistreiche Archäologiegroteske um die Terrakotta-Armee. … es spricht sehr für das dramaturgische Geschick Tilman Spenglers, den Realitätsboden so zum Schwanken zu bringen, dass man für ein paar Augenblicke ins Grübeln kommt.
14.4.2021
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Frankfurter Allgemeine Zeitung Mark Siemons
Ein Slapstick der Gesten und Ideen, der die Leser ohne jede Schwere mit dem Aberwitz vertraut macht, der auch in der realen Welt existiert … Der Reiz dieser Groteske ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass man sich nie sicher sein kann, was von deren absurden Fügungen denn nun fiktiv ist und was tatsächlich stimmt … Der Roman ist eine Parabel auf das heutige China, auf dessen Staatsziel des ›Großen Aufblühens der chinesischen Nation‹, auf die allgegenwärtige Fake-Kultur, hinter der staatliche Korruption ebenso stecken kann wie der Selbstbehauptungswillen der kleinen Leute, auf den Markt, der alles antreibt … Am stärksten ist in diesem Roman die Exposition, da ist schon alles Weitere angelegt. Später … franst die Handlung etwas aus und das Ende kommt etwas abrupt. Doch das tut dem Witz und der Intelligenz der gesamten Anlage keinen Abbruch.
11.3.2021
Münchner Abendzeitung Volker Isfort
»… ein ironisches Schelmenstück. Tilman Spenglers vergnügliche Erzählung über parallele Wahrheiten, die Kunst des Fälschens und die Löschung und Neuerfindung von Geschichte spielt in der Vergangenheit, klingt aber erstaunlich aktuell.«
26.2.2021
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Deutschlandradio Kultur Lesart Joachim Scholl im Gespräch mit Tilman Spengler
Ein fulminanter Roman, geschrieben von dem prominenten Sinologen und intelligent-witzigem Schriftsteller Tilman Spengler. Schon der erste Satz fängt schlankweg die Stimmung ein, die damals während der Kulturrevolution herrschte, als die Intellektuellen die 9. stinkende Klasse waren. Eine wunderbare Satire über Politik, Kunst und Kultur.
23.2.2012
Bayerischer Rundfunk Tilman Spengler im Gespräch mit Knut Cordsen
… ein sehr empfehlenswertes Buch.
21.2.2012