Beschreibung
Ein abwechslungsreicher Roman über die letzten fünfzig Jahre vor allem im Ostteil Deutschlands, erzählt in sensibler Sprache, die nichts verklärt und nichts kommentiert, sondern jeder Erinnerung, jeder Facette, jeder Willkür genau ihren Namen und ihre Farbe gibt.
Eine junge Französin fährt im Dezember 2011 von Avignon nach Berlin; sie will dorthin, weil Observationsakten der Stasi über ihren Vater gefunden worden sind. Das ist die Ausgangssituation dieses Romans, der auf drei Ebenen spielt: im Heute, im Gestern und im Morgen.
Das Heute ist das Ost-Berlin der siebziger Jahre: ein junger Mann, Arno, arbeitet dort in einem Stahlwerk, schreibt, wird beobachtet, hat Angst und ist verliebt in Marie-Sophie, eine in West-Berlin studierende Französin, die ihn in Ost-Berlin besuchen darf – bis ihr die DDR-Behörden das verbieten. Arno weiß von dem Kind, das sie erwartet, dann wird auch noch der telefonische und briefliche Kontakt unterbrochen.
Das Gestern ist das Leben, das Arno in seiner Kindheit bei seiner Großmutter erfahren hat, einer lebenslustigen Frau, die bei Zigeunern aufgewachsen, im Dorf als Wahrsagerin bekannt und bei den Männern begehrt ist. Sie raucht Zigarren, kann wunderbar erzählen und vermittelt die urwüchsige, warme Wildheit, an die Arno sich später, in der Großstadt, unter Beobachtung und verfolgt, wie an einen Rettungsanker klammert – seine Strohblumenzeit.
Die Tochter, in Frankreich bei ihrer Mutter aufgewachsen, weiß von ihrem Vater nur aus Erzählungen und Briefen. Sie möchte wissen, wer er wirklich war, ein Opfer, ein Feigling, ein verlorener Kämpfer für Freiheit und Phantasie? Aber ob sie die Akten über ihn wirklich sehen, sich ihnen aussetzen will, ist ihr am Ende der Fahrt nicht mehr klar …
Pressestimmen
MDR Figaro Udo Scheer
»Die besondere Faszination – auch dieses zweiten Romans – liegt in der Meisterschaft seiner Sprache, im Wechselspiel zwischen Offizialsprache und der Poesie um die Erinnerungsräume und das Miteinander.«
Kulturradio rbb Salli Sallmann
»Dass die französische Tochter zum Schluss nach Berlin fährt, um über das Schicksal ihres DDR-Vaters Gewissheit zu erlangen, dass die Mutter der Tochter dabei den Vortritt lässt, gibt dem Buch einen frischen, fast optimistischen Schlusston, der auch in der sprachlichen Umsetzung anhält. Arnos französische Tochter spricht in der ersten Person, ein geschickter inhaltlicher wie formaler Griff des Autors, ergänzt durch den Wechsel der Erzählperspektive von der Vergangenheit in die Gegenwart. Die Berichtsebene geht von der trüben bis perfiden DDR-Realität über in die von helleren Tönen geprägte Gegenwart. Ein gelungener kurzer DDR-Roman über 40 lange Jahre.«
Dresdener Neueste Nachrichten Michael G. Fritz
»Der Roman ist gekonnt komponiert und berührt, was nicht zuletzt an der suggestiven Sprache liegt, die den Leser in ihren Bann zieht.«
tabularasa, Zeitschrift für Gesellschaft & Kultur Axel Reiter
»… dieser Romancier kann sich sehen lassen, denn er beschreibt, und das in ganz hervorragender Form, eine Wahrheit. … Mit den wechselnden Stimmen tagebuchartiger Ist-Zeit, unbeschwerter Kindheit, erfolgreicher Schulzeit, geheimpolizeilicher Ausweitung der Folter und der nach dem Horror bleibenden Entrüstung, gelingt Karsten Dümmel eine neue Sicht auf die Schlacht diktatorisch-eiserner Definitionen gegen das hochpolitische weil eigenermessene Private.«