Beschreibung
Elli Unruh erzählt die Geschichte einer deutsch-mennonitischen Familie, die bis Ende der achtziger Jahre in der Sowjetunion, im südlichen Kasachstan, lebte. Sie taucht ein in die Zeit ihrer Vorfahren, Großeltern und Eltern. Einprägsam und lebendig schildert sie das Leben von Menschen, die durch den Lauf der Geschichte und ständig wechselnde Lebensumstände und -orte nicht mehr aus noch ein wissen, aber in Traditionen, Religion und eigener Sprache Halt finden.
Faszinierend lernt man eine ganz und gar fremde Welt kennen, fremde Lebensweisen, fremd auch, was das sowjetische System im Alltag betrifft mit der allgegenwärtigen Miliz und den »Bevollmächtigten«.
Geschrieben in einer einfachen, poetischen Sprache, die angereichert wird durch das Deutsch, das die Mennoniten aus Westpreußen nach Russland mitgebracht hatten – das Plautdietsch, das bis heute gesprochen wird. Das alles vor dem Hintergrund einer unbekannten, wunderschönen, fruchtbaren Landschaft mit riesigen Apfelplantagen, wilden Flüssen und weiten Steppen.
Leseprobe:
Zwischen Hügeln und Senken erschien immer aufs Neue der Fluss. bald wurde er schmal und tiefer, dann wieder flach und breit, verschwand sogar ganz, tauchte erneut auf und ergab sich zuletzt in seichten Tümpeln dem Sand. Dort, endlich, hielt der Gazik an. Nicht an einer besonderen Biegung des Wegs, an einem Stein oder einem Hügel – gerade, als es an der Zeit war, machte Onkel Hein den Motor aus. Weit genug, dass niemand sie sah und niemand folgte und nah genug, um noch vor Tagesanbruch wieder zuhause zu sein.
Sie hatten ein Netz aus Seilen dabei, anderthalb auf zwei Meter, zu beiden Seiten auf einen Stock gespannt, und zogen es dort, wo das Wasser ein bisschen tiefer war, senkrecht gegen die Strömung. Hecht kam herauf, auch Cheback und Jaz. Die Fische haben sie gleich dort aufgeschlitzt, ausgeweidet und von allen Seiten mit Salz eingerieben. Zwei Säcke mit zwanzig Kilo kamen schnell zusammen.
Pressestimmen
Perlentaucher Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk
»Als habe sie nie etwas anderes getan«, erzählt Elli Unruh in ihrem Debütroman – so lebensnah, so eindrücklich, so stimmungsvoll und unmittelbar, lobt Rezensent Jörg Plath. Die in Kasachstan geborene, in Süddeutschland lebende Autorin bleibt in Ton und Perspektive nah an ihren Figuren und deren Erleben, dabei bedient sie sich einer eigentümlichen Kunstsprache, einer Mischung aus altertümlichem Deutsch und russischen Entlehnungen – die Sprache der Mennoniten, lernt Plath, einer deutschsprachigen Minderheit im Russischen Reich, die in der Sowjetzeit jedoch zunehmend unter Druck geriet und schließlich von der Krim und aus dem Wolgagebiet, wo die meisten lebten, nach Sibirien und Kasachstan deportiert wurde. Davon und vom ländlichen Alltag einer kleinen Mennoniten Gemeinde erzählt Unruh, stimmungsvoll und dennoch frei von Sentimentalität, lesen wir. Ein ganz »erstaunliches« Debüt, so der beeindruckte Rezensent.
26.9.2025
Deutschlandfunk Kultur Jörg Plath
In ihrem Debüt erzählt Elli Unruh, die 1987 in Kasachstan geboren wurde, in Süddeutschland aufwuchs und im Deutschen Literaturarchiv Marbach arbeitet, als ob sie nie etwas anderes getan hätte. ›Fische im Trüben‹ erzählt von einer untergegangenen Zeit in einer ländlichen Umgebung in Kasachstan. Sentimentalität kommt dennoch nicht auf. Der Roman ist voller Konkreta und atmosphärisch dicht. Weil Unruh den Figuren meist nah ist und der Tonfall dem Mündlichen angenähert, entsteht der Eindruck großer Unmittelbarkeit. Er verdankt sich auch einer ungewöhnlichen Sprache mit altertümlichem Deutsch, dem Plautdietsch. Ein erstaunliches, ganz und gar ungewöhnliches Buch.
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Zum Podcast Die Kritik ist noch schöner
26.9.2025
